Wenn der unfaire Hundetrainer einer rektalen Öffnung ähnelt

Der Haushund stammt von einem Raubtier ab, welches darauf angewiesen ist, seine Nahrung durch jagen zu erlangen. Dadurch hat sich evolutionär ein Jagdverhalten entwickelt. Ein Jagdverhalten, welches durch bestimmte Aussenreize aktiviert werden kann. Schnelle Bewegungen sind einer dieser Reize.

Die Wahrnehmung dieser Reize könnte bedeuten, dass sich ein potentielles Beutetier schnell entfernen möchte. Darum erregt ein solcher Reiz die Aufmerksamkeit eines Raubtieres, oder wie man heute eher sagt, eines Beutegreifers. In der Natur wird der Reiz blitzschnell vom Beutegreifer geprüft. Ist es vielleicht nur ein wehendes Blatt oder ähnliches, was man nicht fressen, bzw. jagen kann? Oder ist das Beutetier zu klein, zu groß oder zu weit weg um eine kräftezehrende Jagd zu rechtfertigen? In Bruchteilen von Sekunden wird von «wilden» Lebewesen, die auf die Jagd angewiesen sind entschieden, ob nach der Wahrnehmung des auslösenden Reizes das Jagdverhalten gezeigt wird. Wichtig ist in dem Zusammenhang übrigens zu wissen, dass die Ausübung des Jagdverhaltens kein Bedürfnis ist, sondern nur ein Mittel um an Nahrung zu gelangen. Um das Nahrungsbedürfnis zu befriedigen.

Reiz löst Verhalten aus
Bei jagenden Wildtieren und auch bei den Urahnen der Haushunde gibt es also auslösende Reize, die das Jagdverhalten auslösen, bzw. auslösen können. Ob letztlich gejagt wird oder nicht, entscheidet sich danach, wie niedrig die sogenannte Reizschwelle ist. Wie schnell ein Tier also bereit ist, bzw. motiviert werden kann, dieses Verhalten abzurufen. Diese Reizschwelle ist beim Wildtier relativ hoch angesetzt. Das Jagdverhalten wird also nicht so schnell gezeigt, wenn eine erfolgreiche Jagd nicht wahrscheinlich ist.

Reizschwelle herabgesetzt
Beim Haushund, der kein Wildtier mehr ist, wurde bei einigen Rassen durch Zucht und Selektion diese Reizschwelle stark herabgesetzt. Um Menschen als Jagdhelfer zu dienen, um Wild schnell aufzuscheuchen und nicht abzuwägen, wurden Hunde gezüchtet, die schnell und schneller auf Bewegungsreize reagieren – die eine sehr niedrige Reizschwelle haben. Das Jagdverhalten wird sehr schnell bei entsprechenden Reizen gezeigt. Diese Reizschwelle ist bei vielen Jagdhunden stark herabgesetzt, aber auch bei diversen Hütehunderassen, die schnell reagieren müssen, wenn sich ein zu hütendes Nutztier entfernen möchte. Das hat übrigens weniger mit dem Hüten und dem «Aufpassen» auf seine Herdenmitglieder zu tun. Es handelt sich da um ein abgewandeltes, ein degeneriertes Jagdverhalten. Aber auch bei diesen Hunden wurde die Reizschwelle auf Bewegungsreize zu reagieren, durch Zuchtauswahl sehr stark herabgesetzt.

Falsche Beschäftigung verschlimmert das Problem
Für die Nutzung des Hundes als Jagdgehilfe oder Hütehund kann diese herabgesetzte Reizschwelle von Vorteil sein, weil er das vom Menschen (!) verlangte Verhalten schnell abrufen kann. Wenn der Hund das Verhalten allerdings zu oft zeigen muss und zudem keinen Ausgleich im Leben zu dem Verhalten hat – das Abrufen des Jagdverhaltens also mehr oder weniger seine einzige Lebensfreude ist - dann kann die niedrige Reizschwelle auch Probleme verursachen. Wenn z. B solche «Arbeitshunderassen», die durch Zucht sehr stark und schnell auf bewegliche Reize reagieren, noch zusätzlich mit ständigem Werfen von Bällchen o. ä. «beschäftigt» werden. Durch diese ständige Konfrontation mit dem auslösenden Reiz wird die ohnehin schon niedrige Reizschwelle immer weiter herabgesetzt. Und es kann passieren, dass der Hund die Kontrolle über sich und sein Verhalten nach Wahrnehmung eines schnellen Reizes verliert. Von leichter Überreaktion bei der Sichtung einer Fliege bis zu völligem Ausrasten im Straßenverkehr sind mögliche Folgen einer unkontrollierten und dauerhaften Herabsetzung durch «falsche» Beschäftigung – vor allem bei Hunden, deren Schwelle durch Zucht schon angeboren niedrig ist.

Mensch ist für das Hundeverhalten verantwortlich
Wenn ein Hund also Fahrräder jagt, an Straßen jedes Auto anbellt – dann macht er das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht, weil er seine Besitzer ärgern möchte oder irgendeine Führung oder Chefrolle gegenüber seinen Menschen übernehmen möchte. Er ist auch kein «Arschloch» oder verdient andere menschliche Beleidigungswörter. Er ist ein Hund, der von Menschen zu dem Verhalten praktisch genötigt wird. Durch Zucht und falsche Beschäftigung. Der Hund zeigt zwar das Verhalten, welches dem Menschen situativ nicht in den Kram passt. Aber er macht das nicht bewusst, weil er böse ist. Die wahren Verursacher des Hundeverhaltens sind die Menschen.

Unfaire Korrektur
Wenn man dieses, durch den Menschen hervorgerufene Verhalten mit unfreundlichen Methoden «korrigiert», ist das meiner Meinung nach dem Lebewesen Hund gegenüber mehr als unfair. Es gibt Menschen, die Hunde, die sich nicht so verhalten wie der Mensch es möchte, als Arschlochhund bezeichnen. In diesem Fall der unfairen Behandlung trifft die Beleidigung mit der rektalen Öffnungsbezeichnung wohl eher auf den Menschen zu. Ganz speziell auf den Hundetrainer, der einen Hund unfair trainiert.

Faire Alternativen möglich
Fairer und auch nachhaltig erfolgsversprechender wäre es, insgesamt im Umfeld Stressoren zu reduzieren. Weil zu viel und zu häufiger Stress reizbar macht und auch insgesamt sämtliche Reizschwellen herabsetzt. Dann muss man die Beschäftigung des Hundes ändern. Kein Bällchen werfen mehr und eine gesunde Mischung aus Bewegung und sehr viel Ruhe finden. Wenn man diese Grundlagen geschaffen und eine Weile durchexerziert hat, kann man gezielt am Problem arbeiten. Hier sollte man das Verhalten umleiten, ein Ersatzverhalten nach Wahrnehmung des auslösenden Reizes fördern. Ein Ersatzverhalten welches zu dem eigentlichen Bedürfnis, zu Nahrung führen kann und darf. Womit das Ersatzverhalten interessanter wird und bei konsequentem Üben immer häufiger gezeigt wird. Wenn man dem durch Menschen verursachten Problem so begegnen würde, wäre das aus meiner Sicht eine faire Möglichkeit.

«Grenzen setzen» verkauft sich besser als Problemanalyse
Obwohl man heute sehr viel über das Hundeverhalten und dessen Ursachen weiss. Über Stress, auslösende Reize, zuchtbedingte Degenerationen, hormonelle Störungen, schmerzbedingtes Verhalten usw. gibt es immer noch diese Hundeexperten, die komplett unfair handeln. Die alle möglichen Ursachen nicht beachten und immer vermitteln möchten, dass man allen Hunden nur klare Grenzen setzen muss und schon würden sie «funktionieren». Was nicht mal im Ansatz etwas mit dem Hund und der niedrigen Reizschwelle zu tun hat. «Bösen» Hunden Grenzen setzen verkauft sich einfach besser. Einfache, schnelle Lösungen verkaufen sich immer. Problemen auf den Grund gehen ist umständlich. Aber fairer …

Ruth Spielmann
Hundeerziehungsberaterin
NHB-Fachperson
Treibball-Trainerin

Mobile: +41 79 745 13 49
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